Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit – Ein Film über Leben mit Musik

Der Begriff „brotlose Kunst“ mag zwar alt sein, an Aktualität verloren hat er jedoch nicht. Dies wissen auch Künstler, die sich tagtäglich mit einer Problematik auseinanderzusetzen haben, die oftmals von Nichtbeteiligten scheinbar vergessen wird: der Konflikt, zwischen der Leidenschaft für die Musik und der Notwendigkeit den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Leipziger Filmemacher vom „Relativ Kollektiv“ haben sich diesem Thema gewidmet. Für die 37-minütige Dokumentation „Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit” begleiteten sie über einen Zeitraum von einem Jahr Musiker und Produzenten in ihrem Alltag und geben damit einen Einblick in die unabhängige deutsche Musikszene.

Der im letzten Jahr entstandene Film zeigt die Protagonisten in ihren Lebenswirklichkeiten, zu denen das Proben, das Aufnehmen im Studio, Konzerte, aber auch das Geldverdienen zählt. Dies alles unter einen Hut zu bekommen, fordert den Künstlern einiges an Organisation und Disziplin ab. Die Leidenschaft zu ihrer Musik hilft ihnen jedoch, diese Problematik zu bewältigen. Neben den Musikern porträtiert der Film die Arbeit von „Analogsoul”. Hierbei handelt es sich um ein Netzwerk, Label, Konzertveranstalter und Agentur in einem.

Unabhängige Musik hört sich als Schlagwort schön an. Die Regisseure André Klar und Benjamin Büttner zeigen in ihrer Produktion auf, wie schwer dies in der Realität wirklich zu bewerkstelligen ist. Dabei entsteht ein ehrliches Bild, das nicht nur mit heroischen Erfolgen zeigt, wie es gehen könnte. So arbeiten viele allein dafür, um an der Kunst weiter(arbeiten) zu können. Es fallen für die Musiker auch Prozesse an, welche die „Größeren“ delegieren können, beispielsweise Promotion und Konzertmanagement. Ganz offen wird auch das Thema Resignation angesprochen und welche ganz alltäglichen Fragen entstehen. Eine davon ist ebenso offensichtlich wie schwer zu beantworten: Wie ist es zu schaffen, die individuellen Ansprüche an die eigene Kunst mit dem bestehenden Musikmarkt in Einklang zu bringen?

Schlagworte wie „Geduld“, „Risikobereitschaft“, „Refinanzierung“, „harte Arbeit“ und „ständiger Kampf“ prägen die Message des Films. Dennoch nutzen die Künstler die auf sie gerichtete Kamera keinesfalls, um nur über ihr Leid zu klagen. Sie alle finden auch positive Worte, berichten darüber wie sie ihren Weg gefunden haben – eine gute Organisation ebnet diesen unter anderem – um ihrem Traum, von der Musik leben zu können, näher zu kommen. Auch dass sich das Musikerleben fernab von Kommerz trotzdem mit Familie vereinbaren lässt, ohne vereinsamte Einzelkämpfer zu produzieren, ist ein anderes positives Beispiel für den lohnenswerten Kampf.

Der Film, der über Kunst berichtet, ist selber Kunst. Er ist keine Doku nach Schema F, in der eine raue Männerstimme ernst eine Geschichte erzählt, die durch nachgestellte Szenen von Schauspielern in Polyesterkostümen visualisiert werden soll. In dieser Arbeit über ein Leben als Musiker kommen diverse Menschen ehrlich zu Wort. Zwischendurch werden effektvolle Bilder und Nahaufnahmen musikalisch untermalt. Es sind zum Teil Stimmungsbilder, die aber sicher nicht immer ohne Konnotation gewählt wurden. So wie die schön aufgehängten Plattencover bekannter und kommerziell erfolgreicher Musiker. Sie werden gezeigt, während jemand von dem inneren Bedürfnis Musik zu machen und der damit kollidierenden harten Realität berichtet.

„Freiheit, Freiheit, Wirklichkeit – Ein Film über Leben mit Musik“ wurde auf Festivals gezeigt und ist nun für jeden frei zugänglich im Netz. Der Blick hinter die Kulissen ist etwas anderes, als man es von Beilege-DVDs von Mainstream-Bands her kennt.

37 Minuten, die sich für jeden kritischen Musikliebhaber lohnen.

FFW_Premierenplakat_web

Links:

Relativ Kollektiv

Analogsoul

Bild: Pressefreigabe

Stefanie Zerres

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