Ben Khan – Ben Khan

Lange war es still um Ben Khan, der 2015 als einer der heißesten Newcomer sowohl die Kritiker als auch die Fans um sich scharte. Jetzt – drei Jahre später – meldet er sich überraschend mit seinem Debütalbum zurück, an dessen Veröffentlichung viele nicht mehr geglaubt hatten.

Es war ein Phänomen. Die ersten Tracks des mysteriösen Künstlers gab es zunächst nur auf Soundcloud, was dem Erfolg aber keinerlei Hürde war. Der Mix aus Blues, Soul und R’n’B war neu, frisch und machte vor allem eins: Lust auf mehr. Schnell stiegen die Plays auf über hunderttausend an, lange konnte sich der talentierte Brite Ben Khan nicht im Underground verstecken. Und doch versuchte er, mit seiner Person und seiner Geschichte so gut es geht weiterhin im Hintergrund zu bleiben – Was zählt, sollte die Musik sein. Zwei gefeierte EPs – 1992 und 1000 – sollten den Startschuss für eine der vielversprechendsten Musiker-Karrieren der letzten Jahre werden. Doch dann verschwand das Wunderkind spurlos von der Bildfläche.

Zwischenzeitlich tauchte im Netz eine Demoversion des neuen Tracks „blade (tidal wave of love)“ auf, der die Hoffnung wieder schürte, aber als keine weiteren Brotkrumen folgten, wurde es wieder still an der Fanfront. Dann aber im Frühjar diesen Jahres die Erlösung. Mit der Single „2000 Angels“ kam endlich die Nachricht, worauf so viele gewartet haben: Ben Khan is back und das Debüt kommt! So lange wir auch auf diese Sätze gehofft haben, so kurz mussten wir nach der Ankündigung dafür nur auf den Longplayer warten. Selbstbetitelt und mit 15 Tracks vollgepackt gibt es nun ein paar Monate später die gesammelten Werke der letzten Jahre aus der Khan Schmiede zu hören.

Doch wurden dabei auch wieder Hits gezimmert, die an Songs wie „youth“ oder „savage“ rankommen? Oh ja! Allen voran das schon genannte „2000 Angels“, das mit dem gewohnten Style die Platte einleitet, als ob es die Pause nie gegeben hätte. Weitere Highlights sind definitiv auch „Monsoon Daydream“ oder „a.t.w. (against the wall)“. Das groovt, fetzt, ist funky – einfach schlichtweg sexy.

Aber: Einen kleinen Unterschied zu dem frühen Schaffen von Ben gibt es dann doch. Was die Songs der EP so ausgemacht hat, war dieses unglaubliche Gespür für Eingängkeit, ohne jemals langweilig oder zu seicht zu werden. Auf seinem Debüt steigert sich der Soundbastler aber noch ein ganzes Stück weiter in die Komplexität hinein, sodass manche der Tracks schon fast um Hilfe schreien anstatt die Gehörgänge zu umgarnen, wie z.B. bei „Merchant Prince“. Khans Ziel war es zwar, den Hörer zum intensiven Hören zu bewegen, aber anstatt ihn erkundend durch die unzähligen Ebenen wühlen zu lassen, strengt die verschachtelte Struktur eher manchmal die Gehörgänge ein wenig zu sehr an.

Dabei ist die Experimentierfreudigkeit keinesfalls komplett schlecht. Es mag zwar fast schon megaloman wirken, wie viele verschiedene Einflüsse, Musikinstrumente und sogar Naturgeräusche, die Ben während einer Auszeit in der Kashmir-Region sammelte, in die Songs gepackt wurden. Aber gerade Letztere wirken eine fesselnde Faszination aus, wenn sich Rasseln, Rumpeln und Vogelgezwitscher zwischen den Schichten verstecken – ein „magischer Realismus“, wie es der Künstler nennt.

Auch wenn der Platte ein, zwei Gänge runterschalten gut getan hätte, ist das Debüt trotz allem, wie es der Titel schon sagt, durch und durch Ben Khan. Die Zukunft wird zeigen, ob der rampenlichtscheue Virtuose sich hier nur etwas ausleben wollte oder ob der aktuelle Sound eine Stufe in einer fortlaufenden Evolution mit unklarem Ausgang darstellt. Zuzutrauen ist dem Briten nach so einem unkonventionellen Werdegang zumindest alles.

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Christian Gschwilm

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Christian Gschwilm

Texter aus Leidenschaft, Konzert-Junky, Bierdeckelphilosoph. Kann ganz gut mit Worten jonglieren und kennt sich im Medien-Zirkus aus.