Interview: Color The Night

Für Musikfans im Süden unseres Landes und besonders in München und Umgebung beginnt das Konzertjahr traditionell mit dem Muffat Winterfest, das einen Abend lang viele spannende Newcomer und Geheimtipps unter den Dächern des Muffatwerks versammelt. Für den perfekten Einstieg in 2019 wurden unter anderem die Österreicher Color The Night in die bayrische Landeshauptstadt eingeladen, die bereits mit ihrer ersten Single „Eyes Off You“ auf sich aufmerksam gemacht hatten. Diese Chance konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und haben uns mit Paris Zinner, dem Sänger und Frontmann der Truppe, zum Gespräch getroffen.

Was ist deine Lieblingsfarbe?

Gelb, weil sie für mich Energie, Licht und Sonne verkörpert. Sie ist generell eine sehr kraftvolle Farbe. Warum sie mich aber so anspricht, weiß ich gar nicht mehr – ich kann es nicht mehr erklären.

Auf eurem ersten Pressefoto hatte jedes Bandmitglied ein T-Shirt mit einer anderen Farbe an. Gab es anfangs noch Pläne für eine Rollenaufteilung, so wie früher bei Boybands mit dem „Coolen“, dem „Smarten“, dem „Softie“, etc. nur eben mit dem „Grünen“, „Gelben“, „Roten“ usw.?

So wie bei den Power Rangers! (lacht) Nee. Hatten wir nicht, um ehrlich zu sein. Es war eher original so, dass es hieß: „Ah dir steht Grün gut, ich glaub dir steht Gelb gut, dir steht Rot gut, …“. Eigentlich wollte ich ja Gelb haben (Stichwort Lieblingsfarbe), aber ich hab mir gedacht, Rot passt auch. Die Idee war einfach, uns als Color The Night mit verschiedenen Farben in der Nacht darzustellen. Das mit den Rollen ist aber gar kein so schlechter Gedanke, vielleicht können wir das demnächst mal angehen. So mit bisschen Storytelling für jede Person. Es ist ja jeder komplett unterschiedlich von uns, da würde das schon gut funktionieren.

Wie habt ihr dann eigentlich zusammengefunden, wenn ihr so grundverschieden seid?

Das war eigentlich ganz witzig. Ich habe früher in einer anderen Indie-Rockband gespielt und wir haben bei einem Contest mitgemacht, wo auch der Michi (einer der Gitarristen, Anm. d. Red.) mit seiner damaligen Band aufgetreten ist. Ihm hat dann unser Sound so gut gefallen, dass er mich angequatscht hat und da habe ich erfahren, dass er auch ein bisschen produziert – zumindest demomäßig – und gut im Gitarrentüfteln ist. Dann habe ich ihn nach ein, zwei Monaten angeschrieben und wollte, dass er meine Solo-Akustik-Sachen ein bisschen aufpeppt. Als ich bei ihm war, haben wir jedoch schnell gemerkt, dass ihm das nicht wirklich liegt und nicht wirklich funktionieren wird. Aber zufällig hat er dann einen Beat-Schnipsel von mir genommen, einfach einen anderen Sound draufgelegt und das war die Geburtsstunde des Intros von „Eyes Off You“. Innerhalb eines Tages war der Song dann auch fast so fertig, wie er heute ist. Da dachten wir uns „Hey, da kann man eigentlich was zusammen machen“ und haben uns als drittes Mitglied unseren anderen Gitarristen dazu geholt, der auch von Anfang an dabei war. Zwei Jahre lang haben wir ein wenig rumgebastelt an mehreren Songs, dann ist es ihm aber langweilig geworden, weil wir nicht live gespielt haben, keine Perspektiven hatten und uns nur alle drei Monate gesehen haben. Dann hat Michi gemeint: „Gib mir eine Woche und ich stelle uns eine Band zusammen, mit der wir live spielen werden.“ Ich dachte mir: „Wenn er das schafft, bin ich gerne dabei“ und nach einer Woche bekam ich wirklich einen Anruf mit der Info, dass in zwei Wochen die Proben beginnen würden. Wir haben uns dann mehrmals getroffen und spaßeshalber bei einem Contest beworben, um ein wenig Live-Erfahrung zu sammeln. Der Auftritt ist dann so gut angekommen, dass wir alle beschlossen haben, das Bandprojekt ernsthaft weiterzuverfolgen. Und bisher läuft’s sehr gut. (lacht)

Und wie hat sich dann so der Sound herauskristallisiert? Eure Geschmäcker dürften ja durch diese Konstellation auch ziemlich unterschiedlich sein.

Wir waren alle von der Idee fasziniert, wie „Eyes Off You“ entstanden ist und in welche Richtung der Sound geht. Also funkig, poppig, ein bisschen Disco, Alternative und Indie – ein kleiner Teil von allem eben und ohne eine konkrete Genrezuschreibung. Wir sind keine klassische Indie-Rockband, aber auch definitiv keine klassische Electro-Pop-Truppe. Das hat sich einfach total gut gefunden und obwohl wir privat vollkommen unterschiedliche Musik hören, ist das, was wir machen unser gemeinsamer Nenner, den alle gut finden. Es wissen alle, dass sie ihre persönlichen Vorlieben zurückstellen und auf das Gemeinwohl hinarbeiten. So entsteht der Color The Night-Sound, in dem die ganzen Einflüsse aber doch auch zu hören sind. Betrachtet man beispielsweise den Gesang, ist das viel mehr Indie, als wenn man jetzt die Funk-Gitarre anschaut.

Beim Bandnamen habt ihr euch dann bei euren Landsmännern Farewell Dear Ghost inspirieren lassen, deren Debütalbum zufälligerweise We Colour the Night heißt, oder?

(grübelt) Ah stimmt, das hieß ja echt so. (lacht) Nee, eigentlich gar nicht. Das ist überhaupt keine Anspielung. Ist vielleicht irgendwie beim Brainstorming für den Namen im Hinterkopf herumgeschwirrt, aber definitiv nicht der Grund, warum wir auf den Namen gekommen sind. Ich glaube, ich bin der einzige aus der Band der Farewell Dear Ghost wirklich hört. Der Name kam viel eher dadurch zustande, dass wir farbenfroh wirken wollten und jede Farbe so ein bisschen für ein Genre stehen sollte. Michi hat dann irgendwann gemeint, wir wollen Farbe in die Nacht bringen und darauf wurde dann Color The Night vorgeschlagen. Kann natürlich sein, dass ich das unterbewusst irgendwie „connected“ hab. Aber jetzt wo du’s sagst, muss ich echt mal den Jungs von Farewell Dear Ghost schreiben.

Ihr könntet doch den Song „Fire“ als Show-Intro nehmen, da wird ja explizit „We colour the night“ gesungen.

Gute Idee. Vielleicht melden sie sich mal, wenn wir in ihrem Sichtfeld in Österreich auftauchen. (Pause) Echt witzig, daran hab ich nie gedacht.

Apropos Österreich: Ist es leichter, als neue Band wegen der kleineren Musikszene in eurer Heimat durchzustarten als jetzt beispielsweise in Deutschland?

Es kommt drauf an. Ich würde es in zwei Ansätze gliedern: Du hast es in Deutschland leichter, mal einen Start zu finden, vielleicht in Nischen erfolgreich zu sein und dich zu etablieren, obwohl dich der Großteil von Deutschland wahrscheinlich gar nicht kennt. In Österreich hast du es viel schwerer reinzukommen. Das sieht man unter anderem an sehr erfolgreichen österreichischen Künstlern wie Parov Stelar und Camo & Krooked, die mittlerweile alle ihr eigenes Label gegründet haben. Das ist einfach das Problem: Es gibt nur eine Handvoll Labels, die sich dann auch noch alle auf Indie, Pop, Alternative spezialisieren. Künstler anderer Genres haben da schlechtere Chancen.

Dann ist es ja umso erstaunlicher, was ihr in so kurzer Zeit geschafft habt. Eure Debüt-Single hat schließlich in kürzester Zeit über 60.000 Streams auf Spotify gesammelt.

Und das läuft noch immer sehr gut. Wir machen selbst momentan 300 bis 400 Streams pro Tag. Klar, da kommt vieles durch die eigenen Connections, aber das ist wirklich verteilt. Die Mehrheit auf jeden Fall aus Deutschland und nicht Österreich. Wir haben meiner Meinung nach ganz klar einen internationalen Ansatz. Und raus aus Österreich zu kommen ist gerade durch mich, weil ich ja in Deutschland lebe, einfacher.

Das Beeindruckende an eurem Erfolg ist auch, dass euch die ganzen Plays und Live-Auftritte fast schon zugeflogen sind, obwohl ihr so gut wie gar kein Marketing oder ähnliches betrieben habt und euch noch niemand kannte. Wie hat sich das so angefühlt?

Schon ziemlich cool. Eigentlich merkst du das auch gar nicht so wirklich. Dich reden ja jetzt in dieser Größenordnung noch keine Leute auf der Straße an, aber eine ähnliche Situation habe ich trotzdem schon erlebt. Ich hatte letztes Jahr Karten für das Konzert von Roosevelt in München, musste sie aber leider wieder verkaufen. Also habe ich sie auf Facebook angeboten, worauf sich eine Käuferin gemeldet hat. Wir haben das Ganze abgewickelt und als ich ihr meine Kontodaten für die Überweisung geschickt hatte, fragte sie mich, ob ich DER Paris Zinner bin. Da war ich natürlich erst mal perplex und habe nachgefragt, woher sie mich denn kennt und sie meinte von Color The Night und hat von unserer Single geschwärmt. Da sieht man auch wieder, wie du mithilfe des Streamings Zielgruppen oder Leute erreichen kannst, die du sonst nie erreichen konntest, weil du früher in den Laden gehen und die CD kaufen musstest. Ein großer Dank an dieser Stelle auch an unsere PR-Agentur, weil sie uns wirklich an alle Tastemaker-Playlisten und Kuratoren gepitched hat und wir dadurch auf einigen Listen gelandet sind. Das hat schon echt viel gebracht.

Und jetzt spielt ihr euren ersten Deutschland-Gig gleich mal auf dem Muffat Winterfest.

(lacht) Ja, könnte definitiv schlechter starten. Es ist einfach der Wahnsinn. Als ich vor ein paar Jahren nach Deutschland gekommen bin, dachte ich mir in der Muffathalle noch „Boah die ist schon fett, da möchte ich mal irgendwann spielen“ und das geht jetzt einfach schon in Erfüllung. Richtig krass.

Gibt es auch schon Pläne für die Zukunft?

Ja, die gibt es. Wir planen eine EP für Ende April, mit drei zusätzlichen Songs zu unseren bisherigen zwei Singles. Der erste Song soll auch schon Ende Februar/Anfang März erscheinen. Natürlich planen wir auch fleißig Live-Auftritte, aber da darf ich jetzt leider noch nichts verraten. Möglicherweise sieht man uns aber im Frühling bald wieder in der einen oder anderen Stadt in Deutschland. Festivals wollen wir natürlich auch wieder einige mitnehmen, da könnten auch schon demnächst die ersten Infos rausgehen.

Sehr gut. Habt ihr euch im Zuge des frisch angebrochenen Jahres auch gute Vorsätze gemacht?

Wir haben zwar noch nicht darüber gesprochen, aber wenn sich die Jungs das hier vielleicht durchlesen, wäre ein Vorsatz, hin und wieder etwas konzentrierter zu sein bei manchen Sachen. Nicht bei der Musik direkt, sondern bei allem anderen, was außenrum so dazugehört. (lacht)

Alles klar. Zum Abschluss habe ich dir folgendes Gedankenspiel mitgebracht: Ich überreiche dir und der Band imaginäre Pinsel und ihr dürft eine Stadt eurer Wahl in einer Nacht- und Nebelaktion anmalen. Wie würde das Ganze am Ende aussehen?

Schwierig. Ich glaube ich würde bei unserer Quasi-Heimatstadt, weil Probeort, Linz bleiben. Die könnte einen Anstrich gut gebrauchen. Und der würde durch uns dann natürlich funky und bunt aussehen. Gar nicht nach klassischen Mustern, sondern ganz wild drauf los gepinselt.

Mit so einem Bild können wir auf jeden Fall sehr gut das Gespräch abschließen. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast.

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Bilder: Christian Gschwilm

Christian Gschwilm

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Christian Gschwilm

Texter aus Leidenschaft, Konzert-Junky, Bierdeckelphilosoph. Kann ganz gut mit Worten jonglieren und kennt sich im Medien-Zirkus aus.